Kapitel 3: Die Violine von Auschwitz
Günther und Rosemarie Goldschmidt - die Musiker, die das Palestine Orchestra gründeten - waren zusammen mit Erich Weininger unter den letzten Juden, die Nazi-Deutschland verließen. Am 23. Oktober 1941 schloss das Land seine Grenzen und hinderte die...
przeczytaj całość
Kapitel 3: Die Violine von Auschwitz
Günther und Rosemarie Goldschmidt - die Musiker, die das Palestine Orchestra gründeten - waren zusammen mit Erich Weininger unter den letzten Juden, die Nazi-Deutschland verließen. Am 23. Oktober 1941 schloss das Land seine Grenzen und hinderte die verbliebenen Juden an der Emigration. Kurz danach begannen die Nazis mit dem Abtransport der Juden in Lager, die nicht nur dafür konzipiert waren, Juden zu inhaftieren und zu foltern, sondern sie zu Tausenden zu töten.
Einer der Musiker, der sich dieser Verfolgung ausgesetzt sah, war Henry Meyer. Henry wurde 1923 in Dresden, in einer Stadt mit reichem Kulturleben, in eine wohlhabende und musikalische Familie jüdischer Kaufleute hineingeboren. Mit fünf Jahren erhielt er seine erste Violine und begann Unterricht bei einem der besten Geigenlehrer der Stadt zu nehmen. Durch die gemeinsame Kammermusik mit seinen Eltern, die selbst ausgezeichnet spielten, und professionellen Musikern, wurde er schnell zu einer Art Wunderkind.
Als Hitler 1933 an die Macht kam, bedeutete dies das Ende von Henrys idyllischer Kindheit. Mit zehn wurde er von seiner Schule verwiesen und aus öffentlichen Vereinen ausgeschlossen, ja man nahm ihm sogar sein Fahrrad und seinen Hund weg. Es war ihm außerdem verboten, Unterricht am Konservatorium oder an der Orchesterschule der Staatsoper zu nehmen. Henry bekam einige Privatstunden bei dem ersten Geiger der Oper, bis die Gestapo seinen neuen Lehrer zwang, den Unterricht mit ihm abzubrechen.
Henrys Eltern baten Familienmitglieder in den Vereinigten Staaten bei der Immigration nach Amerika um Hilfe, doch die Verwandten verfügten nicht über die finanziellen Mittel, um für eine vierköpfige Familie zu bürgen. Außerdem wurden die amerikanischen Einwanderungsbestimmungen zum Problem. Henry, sein jüngerer Bruder und ihre Mutter gehörten zum deutschen Kontingent, während sein Vater dem polnischen zugeschlagen wurde, da seine Heimatstadt, als er zur Welt kam, noch ein Teil Polens war. Schon für Deutsche war es schwer genug, eine Einwanderungserlaubnis für die Vereinigten Staaten zu bekommen. Für Polen fast unmöglich.
Als Henry fünfzehn war, lud man ihn ein, als Solist mit dem kleinen Orchester des Jüdischen Kulturbunds in Dresden aufzutreten. Wieder einmal griff das Schicksal ein. Das Konzert war für den 9. November 1938 angesetzt - die Reichskristallnacht. Statt aufzutreten, wurde Henry in dieser Nacht festgenommen und nach Buchenwald gebracht, wo man ihn zusammen mit Erich Weininger inhaftierte. Henry wurde einige Wochen später freigelassen, als er die Möglichkeit erhielt, das Land zu verlassen. Aber schon wie 1933, als seine Familie versucht hatte zu emigrieren, wurden diese Pläne nie umgesetzt.
Im Jahre 1939 zog Henry nach Berlin, wo er in das Orchester des Kulturbunds aufgenommen wurde. Schnell erwies er sich als außergewöhnlicher Musiker und wurde darüber hinaus, mit seinen sechzehn Jahren der Jüngste, zum selbsternannten 'Benjamin des Orchesters'. Schnell freundete er sich auch mit seinen Orchesterkollegen Günther und Rosemarie Goldschmidt an und spielte oft Kammermusik mit dem jungen Paar.
Als der Jüdische Kulturbund im August 1941 aufgelöst wurde, muss-te sich Henry beim Arbeitsamt zum Reichsarbeitsdienst melden. Da er sich um seine Zukunft als Geiger sorgte, bat er um Arbeit, die seine Hände schonen würde.
Ich habe etwas für dich, antwortete der Beamte. Eine Firma, die Artikel im Gesundheitswesen herstellt.
Sehr zu Henrys Verlegenheit handelte es sich bei diesen 'Artikeln im Gesundheitswesen' um Kondome für die deutsche Armee. Henry wurde zur Arbeit in den Fromms Act Gummiwerken zugeteilt, wo der jüdische Unternehmer Julius Fromm das Gummikondom erfunden hatte, bevor er gezwungen worden war, sein lukratives Geschäft an Hermann Görings Patentante zu verkaufen. Henrys Aufgabe bestand darin, Gummi mit Hilfe einer gefährlichen Mischung industrieller Chemikalien zu verflüssigen
ukryj opis
Recenzja